Bronze an der EM Marathon

Auch Bronze kann in der Sonne glänzen

 

Als amtierende Bike-Marathon-Weltmeisterin hatte sich Ramona Forchini bei der Europameisterschaft den Titel zum Ziel gesetzt. Nach dem Gewinn von Bronze am Sonntag zeigt sich die Wattwilerin aber trotzdem überglücklich.

Text: Beat Lanzendorfer | Tagblatt

 

Gab es viele Reaktionen nach dem Gewinn der Bronzemedaille?

Ramona Forchini: Ja, mein Smartphone ist selten zur Ruhe gekommen. Es ist schön zu wissen, dass ganz viele Menschen mitgefiebert haben.

 

Hatten Sie schon Zeit, um auf alle Glückwünsche zu antworten?

Bei den meisten konnte ich mich bereits bedanken. Ich fand auch schon Zeit, heute Morgen das Bike zu reinigen. (Anmerkung der Redaktion: Das Interview wurde einen Tag nach dem Rennen geführt.)

 

Sie wollten Gold und holten Bronze. Sind Sie trotzdem zufrieden?

Als amtierende Weltmeisterin bin ich mit dem Ziel an den Start gegangen, die Goldmedaille zu gewinnen, das stimmt. Mir war schon bewusst, es wird megahart. Nicht nur, weil die Spezialistinnen spezifisch auf dieses Grossereignis trainiert haben, sondern auch wegen des Streckenprofils. Die Siegerin aus Spanien ist zum Beispiel eine sehr leichte Fahrerin und hat allein schon wegen ihrer körperlichen Konstitution Vorteile. Mit der Bronzemedaille bin ich überglücklich, weil es zeitweise nicht mehr danach ausgesehen hat.

 

"Ich dachte, ich schaffe es nicht mehr."

 

Weshalb?

Nach der Rennhälfte fiel ich in eine Krise. Mein Vorsprung auf die Viertplatzierte schrumpfte von drei Minuten auf fünfzehn Sekunden. Ich musste brutal leiden, spürte den Druck von hinten und wollte die Medaille in den letzten 15 Kilometern nicht mehr vergeben. In den letzten gut eineinhalb Stunden plagten mich ständig Krämpfe, überall. Teilweise war ich nicht mehr in der Lage, steile Rampen fahrend zu bewältigen. Eine Medaille war zu diesem Zeitpunkt ganz weit weg, ich dachte, ich schaffe es nicht mehr.

 

Hatten Sie Angst, die Medaille noch zu verlieren?

Die Angst, die Medaille zu verlieren, war ständig im Nacken. Ich war so blau in der zehn Kilometer langen Schlussabfahrt und musste teilweise mit dem Mittel- oder Zeigfinger bremsen, weil es sogar in den Armen zog. Auf der rund ein Kilometer langen Zielgeraden habe ich die Viertplatzierte hinter mir gesehen. Mir war bewusst, dass ich keinen Gang mehr höher schalten kann, weil dann wieder Krämpfe erscheinen. Doch ihr schien es auch so zu gehen. Abgeschlagen im Ziel angekommen, legte ich mich flach auf den Boden und brauchte ein paar Ruhesekunden. Der Viertplatzierten Ariane Lüthi erging es gleich und wir haben uns liegend gratuliert.

 

Wie waren während des Rennens die äusseren Bedingungen auf 2500 Meter über Meer?

Zu Beginn war es bedeckt und deshalb ideal. Nachher kam die Sonne, dadurch wurde es sehr heiss. Kein Schatten, wegen der steilen Aufstiege kein Wind, es war eines meiner härtesten Rennen überhaupt. 3500 Höhenmeter innerhalb von gut 60 Kilometern zu bewältigen, ist wirklich hart.

 

Zu Beginn mussten Sie die Führenden etwas ziehen lassen. War das gewollt?

Die spätere Siegerin sowie Steffi Häberlin, die Zweitplatzierte, lagen von Beginn weg an der Spitze. Eine Deutsche und eine Schwedin fuhren mit, beide hat es aber schon beim ersten Aufstieg «gelupft». Ich habe mich an einer Verfolgergruppe orientiert, was sich letztlich als richtig erwiesen hat.

 

Aber Sie fuhren doch fast immer alleine?

Ja, nach etwa einer Stunde konnte ich mich von der Verfolgergruppe lösen und fuhr fortan die restlichen drei Stunden allein. Was vielleicht nicht immer von Vorteil war.

 

Wie konnten Sie sich über einen solch langen Zeitraum ernähren?

Auf der gesamten Strecke gab es fünf Verpflegungszonen, bei denen ich bei meinen zwei Betreuern den Bidon austauschen konnte. Ebenso gab es Techzonen, wo man einen allfälligen Defekt beheben konnte. Das war bei mir zum Glück nicht der Fall.

 

Hatten Sie schon Zeit, die Medaille etwas zu feiern?

Nicht wirklich, nach dem Rennen haben wir kurz angestossen und uns in einem Schnellimbissrestaurant verpflegt und sind dann in die Ostschweiz zurückgekehrt. Mit der Familie habe ich am Abend in Wattwil auf die Medaille angestossen.

 

Wie ordnen Sie die Medaille ein?

Zuoberst kommt der letztjährige WM-Titel im Bike-Marathon, dann der U23-WM-Titel im Cross Country, dann kommt aber schon ziemlich schnell die EM-Bronze vom Sonntag.

 

Kann einem ein derartiger Erfolg einen Schub für den Cross-County-Weltcup verleihen, in dem es Ihnen in dieser Saison noch nicht wunschgemäss lief?

Das stimmt, in den letzten Wochen lag mein Fokus aber auf der Europameisterschaft. Marathon ist zwar schon etwas anderes als Cross Country. Ich hoffe aber, dass ich in der zweiten Saisonhälfte mit guten Resultaten auch im Cross Country auf mich aufmerksam machen kann.